Als erstes muss ich natürlich noch etwas von meiner letzten kleinen Reise in die Berge erzählen. Nachdem am 23.6. mein letzter Arbeitstag war, habe ich natürlich die Gelegenheit genutzt und bin zusammen mit John, einem Freiwilligen vom letzten Jahr, noch mal ins Himalaja gefahren, wo ich ja bis dahin noch gar nicht war.
Von Delhi aus ging es zunächst nach Mussoorie, eine 2000m hohe Hillstation, die von Delhi nicht allzu weit weg ist। Nach 8h Zug ging es 1,5h mit einem Sammeltaxi nur bergauf, auf einer Straße die in Deutschland zum einen eine gute Leitplanke hätte und zum anderen nicht für LKW und Busse zugelassen wäre. Immerhin hat man eine tolle Aussicht, wenn man direkt auf dem Abhang fährt.Oben angekommen, mussten wir dann feststellen, dass so viele indische Touristen da waren, dass die Hotels alle etwas über unserem Budget lagen. Also sind wir nur eine Nacht geblieben, haben uns den Ort und einen Wasserfall angesehen und dann weiter nach Haridwar gefahren. Dort haben wir vor allem eine Einladung zu einem Freund von John nach Hause genossen, der uns drei völlig verschiedene Tempelbauten seiner Religion gezeigt (er ist Jain http://de.wikipedia.org/wiki/Jainismus).
Als nächstes sind wir mit dem Nachtbus nach Dharamshala (genauer gesagt waren wir in "Upper Dharamshala", auch "McLeod Ganj" genannt) gefahren - auch eine Hillstation auf 1770m.Dort haben wir uns vor allem mit Tibet auseinander gesetzt. Und es ist schon erstaunlich wie unwichtig die Menschenrechte in China so sind. Der quasi Genozid der Tibeter in ihrem eigenen Land, dass in den 50ern gewaltsam von China annektiert wurde, hat zwar vor kurzem noch einmal Medienaufmerksamkeit erregt (als mal wieder Demonstrationen brutal zerschlagen wurden, und es auch etliche tote Tibeter gab) aber die schleichende Erodierung der Kultur und Identität wird kaum wahrgenommen. Wenn sich jemand auch nur ansatzweise kritisch über das kommunistische Regime äußert, sitzt er vielleicht schon morgen für 15 Jahre im Gefängnis mit Folter, schwerer Arbeit und Hunger. Kein Wunder, dass alle Journalisten, die davon irgendwas berichten wollen, ausgewiesen werden - solange es keiner weiß kann man auch einfach alle Tibeter umbringen (so wie die Nazis das mit den Juden gemacht haben) und sich nach außen hin bei den olympischen Spielen ganz toll und liberal zeigen. Und selbst wenn es dann doch jemand merkt - was solls! Will jemand China angreifen und damit gekonnt in einen nuklearen 3.WK starten? Oder wer könnte sein Volk schon davon überzeugen, kein Plastikspielzeug aus China mehr zu kaufen? Wozu sollen diese Menschenrechte eigentlich gut sein? Reine Zeitverschwendung!
Nach Dharamshala ging es weiter nach Amritsar mit dem berühmten Goldenen Tempel - einem zentralen Heiligtum der Sikhs. Hier fällt einem neben dem eigentlichen Tempel auch die angenehme Atmosphäre auf.Man kann stundenlang einfach nur dasitzen und dem Gesang zuhören und sich mal mit jenem und mal mit genem unterhalten. Dann bin ich noch zur pakistanischen Grenze gefahren und habe mir da das Grenzschließungsritual angesehen - sehr lustig! Wenn die zwei Staaten sonst auch so humorvoll miteinander umgehen würden, wäre es vielleicht bald wieder ein Land.Dann ging es wieder nach Delhi, wo ich letzte Sachen besorgt habe und am 4.7. abends zum Flughafen gefahren bin. In Paris hatte ich dann noch mal richtig Glück beim Umsteigen, weil da gestreikt wurde. Aber wenn ich das ganze Jahr so viel Glück und Gottes Hilfe hatte - warum nicht auch bei der Heimreise.
Nun bin ich also wieder zu Hause. Was fällt einem so auf, wenn man aus Indien wieder nach Deutschland kommt?
Nun - schon aus dem Flugzeug ist mir aufgefallen, wie wenig Autos so auf den Straßen sind und dass auf den Feldern ja gar keiner arbeitet (in Indien sind eigentlich überall wesentlich mehr Autos unterwegs und auf den Feldern arbeiten bei Tag immer Leute). Dann ist mir aufgefallen, dass ich gar keine Preisvorstellung mehr habe. Wie viel kann ich mir denn von 10 Euro kaufen? Man hat nur immer mal gehört, dass es wieder teurer geworden ist - vor allem bei der Bahn und bei den Lebensmitteln. Aber wenn ihr mich fragt, was eine Bockwurst mit Senf in Deutschland kostet - keine Ahnung (in Indien 100 bis 150RS)!
Dann bin ich mit meiner Familie nach Saalfeld gefahren. Das ging schon mal viel schneller, leiser und angenehmer als ich das erwartet hatte. Diese neuen Autos hier und diese tollen Autobahnen, wo man teilweise so schnell fahren darf, wie man mag und kann - echt krass! In Indien bin ich zuletzt mit der Rickshaw zum Flughafen gefahren. Und der ist mit 50km/h schon verdammt schnell gefahren bei dem dichten abendlichen Verkehr in Delhi und hat sich noch fast den Reifen an einem Stahlträger aufgerissen, der da halt so auf der Straße lag und keinen gekümmert hat.
Zu Hause angekommen fällt einem dann erstmals die Sauberkeit in so einem deutschen Haushalt wieder auf. Selbst wenn ich mir in Delhi ein Bad neu bauen lasse, ist das nicht so sauber wie das hier zu Hause. Ich meine in meinem Bad in Delhi gab es da so ein Luftloch, dass essentiell für den dringend nötigen Luftaustausch war. Aber wenn es dann mal wieder eine Weile trocken war und etwas Wind aufkam, zog es da ein mal durchs Loch, unter der Tür durch nach draußen und das ganze Bad war mit Staub bedeckt. Völlig unmöglich das so sauber zu machen!!
Heute kam dann die nächste Überraschung - ich war das erste mal wieder in der Stadt und im Supermarkt. In der Stadt habe ich vor allem bemerkt, dass hier ja Autos sogar für Fahrräder bremsen! Die warten dann auf der anderen Straßenseite, wenn man "Vorfahrt" hat. Da bin ich aber anderes gewöhnt aus Delhi. Da hat der größere oder schnellere Vorfahrt. Und wer nicht selbst auf sich aufpasst hat Pech.
Der Supermarkt war dann auch eine echte Sightseeing Tour, obwohl der echt klein war (also für deutsche Verhältnisse). So ein Überfluss! Echt unerhört. Ein ganzes Regal nur für Schokolade! Und eins nur für Alkohol und eins für Milchprodukte. In Delhi hab es einen kleinen Kühlschrank für alle Milchprodukte die angeboten wurden und Alkohol sowieso nur in den speziellen "Beer and Wine Shops". Aber irgendwie war das da nicht so ein übermäßiges Angebot wie hier.
Und obwohl ich der einzige Kunde war, hatte es die Verkäuferin total eilig. Das musste alles schnell, schnell gehen. Obwohl sie doch vorher und hinterher auch nur auf ihrem Stuhl an der Kasse saß und ich jetzt bestimmt nicht ungeduldig aussah. Immer diese Hektik.
Was mich dann wieder sehr an Deutschland gefreut hat ist der sehr gute Zugang zu Medien, vor allen zu den etwas intellektuelleren. Ich meine so etwas wie MDR Kultur wo über "Die Dialektik der Säkularisierung" gesprochen wird - das ist mir in dem Jahr Indien nicht begegnet. Und die ARD für Indien habe ich auch nicht gefunden. Selbst die seriösen indischen Tageszeitungen bleiben hinter der deutschen Presse zurück.
Insgesamt ist Deutschland denke ich ein sehr sauberes, leises und auch sicheres Land. In Jaipur (wo ich letzten Winter mit meinen Eltern war) ist im Frühjahr dieses Jahres ein großer Anschlag passiert - 6 Bomben in der Innenstadt (http://www.welt.de/politik/article1993924/Bomben_von_Jaipur_waren_auf_Fahrraeder_montiert.html). Von den ganzen anderen Anschlägen während des letzten Jahres gar nicht zu sprechen.
Und man isst hier irgendwie sehr viel. Genau wie alle anderen Indienfreiwilligen vor mir die ich kenne, habe auch ich im vergangenen Jahr gut abgenommen. Zum einen, weil man nur eine Portion isst (mehr kann man bei der Hitze auch gar nicht essen) und zum anderen, weil in einem Teller Reis nun mal WESENTLICH weniger Kalorien stecken als in einer Schweinzhaxe.
Und man darf hier dieses und jenes nicht. Ich hab mal von hie und da zelten geredet, bis mir dann gesagt wurde, dass das ja alles verboten ist hier. Hier wird man selbst bestraft, wenn man sein Auto falsch in die Parklücke fährt. In Indien sind die Behörden und die anderen Autofahrer froh, wenn man sein Auto nicht einfach mitten auf der Straße parkt. Und zelten - lol - da bauen die Leute Häuser, wenn sie ein Stück Land finden wo noch kein anderer wohnt - "Erlaubnis" können diese Leute dann ebenso wenig schreiben wie ihren eigenen Namen.
Auch wenn Indien und Afrika weit weg sind, wohnen da auch nur Menschen, die das gleiche Recht auf Leben haben wie wir। Es gibt viele Aktionen und Projekte mit denen man ganz bequem von zu Hause aus helfen kann. In Indien kann man für 5 Euro schon fast ein Jahr in die Schule gehen, was sich viele nicht leisten können.
Ihr glaubt gar nicht, wie gut wir es hier in Deutschland haben – das sollten wir uns bei all unserem Jammern immer mal wieder vor Augen halten.
Schönen Tag noch und नमस्ते – lasst es ruhig angehen
Johannes